Bildung und Therapie
Bildung und Therapie
Schreiben und Lesen lehren, die Vermittlung von Grundrechenarten und Allgemeinwissen oder die Vorbereitung auf einen Schulabschluss – die Aufgaben des 9-köpfigen Lehrerteams in der LVR-Klinik Bedburg-Hau sind breit gefächert. „In der Regel unterrichten wir in den Schulabschlusskursen Patientinnen und Patienten aus dem 64er-Bereich, also Menschen, die aufgrund einer Suchterkrankung straffällig geworden sind. Aber auch Patienten aus anderen forensischen Abteilungen sind immer häufiger bei uns vertreten. Viele von ihnen haben nur eine bruchstückhafte Bildungskarriere. Durch den Unterricht in der Klinik geben wir ihnen Struktur und erarbeiten eine Basis, um ihnen einen Wiedereinstieg in die Gesellschaft zu ermöglichen“, erklärt Sebastian Tatsch.
Oft erleben die Lehrkräfte, dass sich Patientinnen und Patienten zu Beginn der Kurse nur wenig zutrauen. Viele besuchten die Schule nur bis zur 6. oder 7. Klasse. Die Angst zu scheitern sitzt tief. Doch mit jedem erreichten Lernziel wächst das Vertrauen in die eigene Leistung. Am Ende der Einheiten sind sie stolz auf das Ergebnis. „Und das kann ganz unterschiedlich ausfallen: Der eine freut sich, wenn er zum ersten Mal im Leben seinen Namen schreibt, andere feiern ihren Schulabschluss. Für uns ist jeder Schritt ein Erfolg – egal wie klein er zu sein scheint“, berichtet Kristina Hegemann.
In jedem Jahr bietet das Team ca. 20 Plätze für die Vorbereitung auf die zentralen Schulabschlussprüfungen an, vom Hauptschulabschluss bis zur Fachhochschulreife. Nicht alle Teilnehmenden bleiben über die gesamten 9-10 Monate dabei. Einige scheiden aus, zum Beispiel weil sich ihre psychische Gesundheit verschlechtert. Anderen gelingt während der Maßnahme der Sprung in die Berufstätigkeit - auch das ist ein großer Fortschritt. Am Ende des vergangenen Schuljahres hielten 13 Schülerinnen und Schüler ihr Abschlusszeugnis in den Händen. „Dabei schnitten sie überdurchschnittlich gut ab, wie uns die Prüfer der Bezirksregierung bescheinigen. Das liegt sicher auch an der hohen Motivation unserer Schülerinnen und Schüler“, betont Sebastian Tatsch.
Während die Prüfungsvorbereitung stundenweise in Kleingruppen in speziellen Klassenzimmern stattfindet, erfolgt die Vermittlung von Grundbildung wie Schreiben, Rechnen oder lebenspraktisches Wissen meist im Einzelunterricht. Die Nachfrage vonseiten der Patientinnen und Patienten für beide Angebote ist hoch. Denn vor allem am Ende ihrer Unterbringung in der Forensik fürchten viele, mit dem Leben außerhalb der Klinikmauern überfordert zu sein, weiß das Lehrerteam zu berichten. Vom Einkaufen über Wohnungs- und Jobsuche sind Kenntnisse gefordert, die sie vor große Herausforderungen stellen. Dann geben ihnen die Bildungsangebote der LVR-Klinik Bedburg-Hau Sicherheit und können helfen, ein erneutes Abrutschen in alte Lebensmuster zu verhindern. „Unsere Schülerinnen und Schüler wissen, dass Lernen nicht selbstverständlich ist und freuen sich über jedes Ziel, das sie erreichen“, sagt Kristina Hegemann. „Das macht sie stärker.“